Archäologie Augusta Raurica

Drei Skelettfunde in Kaiseraugst

Unsere Archäolog:innen entdecken in Kaiseraugst drei alte Gräber ausserhalb des bekannten Friedhofs – ein Fenster in die Geschichte des Ortes.

Veröffentlicht am: 03.11.2025 15:30

Seit November 2024 begleitet unsere Grabungsequipe in Kaiseraugst die Erschliessungsarbeiten für das Fernwärmenetz im Dorfkern von Kaiseraugst. Bei den Bauarbeiten treten immer wieder eindrückliche Zeugnisse aus der Vergangenheit zutage, die ein neues Licht auf die Geschichte des Ortes werfen.

Im Bereich des ehemaligen Friedhofs von Kaiseraugst stiessen die Archäologinnen und Archäologen kürzlich auf drei übereinanderliegende Körperbestattungen – zwei Frauen und ein Mann. Die Verstorbenen waren einst in Holzsärgen beigesetzt worden und lagen ausserhalb der überlieferten Grenzen des historischen Pfarreifriedhofs, der zwischen dem 11. und 19. Jahrhundert genutzt wurde. Diese Lage deutet darauf hin, dass die Gräber deutlich älter als 1835 sind.
Radiokarbonanalysen (C14) an der Universität Bern sollen nun das genaue Alter der Bestattungen bestimmen.

Nach der Bergung wurden die Skelette im Sammlungszentrum von Augusta Raurica gereinigt und anthropologisch untersucht. Solche Analysen erlauben Aussagen über Geschlecht, Alter, Lebensbedingungen und Krankheiten der Verstorbenen – und geben damit einen einzigartigen Einblick in die Lebensrealität vergangener Jahrhunderte.

Die Untersuchungen der beiden Frauen zeigen eindrücklich, wie unterschiedlich ihre Lebensgeschichten verliefen – und wie sehr beide vom körperlich harten Alltag geprägt waren.

Die jüngere Frau, rund 18 bis 21 Jahre alt und etwa 1,60 Meter gross, hatte in jungen Jahren ein schweres Trauma im Bereich des Kreuzbeins und der Lendenwirbelsäule erlitten. Eine Verformung des obersten Sakralwirbels weist auf einen Sturz oder Unfall hin, von dem sie sich vermutlich nie vollständig erholte.

Die ältere Frau, zwischen 45 und 60 Jahre alt und 1,54 Meter gross, erreichte für ihre Zeit ein bemerkenswert hohes Alter. Ihre Knochen zeugen jedoch von grossen körperlichen Beschwerden: Eine ausgeprägte Arthrose der Wirbelsäule machte jede Kopfbewegung schmerzhaft, zusätzlich litt sie unter einer starken Skoliose. Auch ihre Zähne zeigen deutliche Spuren von Karies und Entzündungen – einige waren bereits zu Lebzeiten ausgefallen, im Kiefer hatten sich Zysten gebildet.

Beide Schicksale spiegeln das harte Leben in einer Zeit ohne moderne Medizin und körperliche Entlastung wider.

Im Sammlungszentrum von Augusta Raurica befindet sich eine der bedeutendsten Skelettsammlungen der Schweiz. Sie umfasst nahezu lückenlos Überreste aus der Spätantike bis in die frühe Neuzeit – ein unschätzbarer Schatz für die archäologische und anthropologische Forschung.

Dank moderner Methoden wie genetischen Analysen (aDNA), Isotopenuntersuchungen oder der Erforschung von Zahnstein lassen sich heute Fragen beantworten, die vor wenigen Jahrzehnten noch undenkbar waren:
Wie waren unsere Vorfahren miteinander verwandt? Woher kamen sie, wie mobil waren sie – und welche Krankheiten prägten ihr Leben?

Die aktuellen Funde aus Kaiseraugst liefern damit nicht nur Einblicke in die lokale Vergangenheit, sondern tragen auch zum internationalen wissenschaftlichen Verständnis unserer gemeinsamen Geschichte bei.