Ausgrabung Sichelenstrasse 13 (April 2023 bis Ende 2024)
Ausgelöst durch ein Neubauprojekt findet zwischen April 2023 und Ende 2024 eine Ausgrabung in der Oberstadt von Augusta Raurica statt. Der Ausgrabungsbereich liegt im «Wildental», situiert zwischen den Plateaus der Oberstadt sowie des Tempels «Sichelen 1».
Die Zone der antiken Stadt ist zum jetzigen Zeitpunkt kaum erforscht; aufgrund von Sondierungen darf mit archäologischen Schichten in bis zu 3,5 m Tiefe gerechnet werden. In welchen Kontext die Befunde zu stellen sind, ist noch unklar, möglich sind zum einen private Häuser, zum anderen öffentliche Bauten.
Die zu untersuchende Fläche umfasst rund 800 m2. Geplant ist eine Grabungszeit von knapp zwei Jahren.
Stand Juli 2023
Seit Grabungsbeginn im April 2023 konnten wir neben einem mehrphasigen polygonalen Gebäude mit Sandsteinschwelle und Sandsteinplattenboden eine Strasse inklusive Strassengraben sowie ein kanalisiertes Bächlein fassen. Die Strasse wurde mindestens einmal komplett erneuert. Weiter liegen mehrere Mauern vor, die möglicherweise als Umfriedungen bzw. Parzellengrenzen dienten. Am Hang zum Oberstadtplateau konnten zudem Mauern eines Terrassenhauses dokumentiert werden. Dieser Gebäudetyp ist schon aus früheren Grabungen östlich der jetzigen Grabungsfläche bekannt.
Ausgrabung Busbahnhof (April bis Juni 2022)
Ausgelöst durch den Neubau des Prattler Busbahnhofs im Grenzbereich zu Augst findet von April bis Juni 2022 eine Ausgrabung statt. Der Ausgrabungsbereich liegt westlich ausserhalb der antiken Stadt an der sogenannten «Basiliastrasse», die Augusta Raurica mit Basel verband.
Die römische Basiliastrasse ersetzte eine frühere, etwas südlich davon liegende Kiessstrasse, die wohl nur kurz genutzt wurde. Die auf einem künstlichen Damm angelegte Basiliastrasse wurde zu römischer Zeit immer wieder neu aufgekoffert, wie mehrere übereinanderliegende Kiesschüttungen zeigen. Die Fahroberfläche bestand bei jeder Schicht aus einem Sand-Kies-Gemisch welches mit gebranntem Kalk gefestigt wurde. So entstand eine glatte Oberfläche, in der sich heute noch die Spurrinnen der Wagen abzeichneten. Wurden diese Spurrinnen und Schlaglöcher zu tief, ebnete man sie mit Sand aus, bevor eine nächste Kiesschicht darüber verteilt wurde.
Entlang der Basiliastrasse erstreckte sich das Nordwestgräberfeld; nördlich der Strasse auf einer Länge von rund 800m, südlich der Strasse brechen die Grablegungen auf Höhe des Abzweigers Frenkendörferstrasse ab. Interessanterweise fehlen im Ausgrabungsbereich sämtliche Hinweise auf Gräber bzw. Grabmonumente. Es ist unklar, wieso hier keine Personen bestattet wurden. Möglicherweise wurde das Gräberfeld aufgegeben, bevor der Bereich südlich der Strasse belegt werden konnte oder aber der Boden eignete sich, z. B. aufgrund von Nässe, nicht für Bestattungen.
Südlich der Strasse konnten wir zwei parallel zur Strasse verlaufende Gräben fassen. Darin und in den Planierschichten darüber lagen viele Funde; nebst Tierknochen auch Eisennägel, Keramik- und Ziegelfragmente. Unklar ist, woher die Funde stammen. Insbesondere die Baukeramikfragmente können nicht als Verlustfunde kategorisiert werden. Möglicherweise wurde das Areal als Schutt- bzw. Abfalldeponie verwendet, wie dies für den Bereich nördlich der Strasse im 3. Jh. n. Chr. nachgewiesen ist.
Ausgrabung Neubau Curiastrasse 1 (April bis Juni 2022)
Ausgelöst durch ein Neubauprojekt findet in diesem Jahr von April bis Juni eine Notgrabung in der Oberstadt von Augusta Raurica statt. Dabei werden wir noch unbekannte Bereiche eines bereits zum grössten Teil in den 1960er Jahren ausgegrabenen Gebäudekomplexes («Insula 20») untersuchen.
Die Insula 20 befand sich an bester Lage im Herzen der antiken Koloniestadt direkt neben dem Forum und der Curia. Sie bestand aus einem sogenannten Peristylgebäude, also einem repräsentativen Bau mit Innenhof im Stile einer römischen Stadtvilla, und einem separaten Gewerbebau im Südosten. Die diesjährige Grabung befasst sich mit den südwestlichen Gebäudeteilen, die in den 1960er-Jahren nur partiell ausgegraben wurden. Damals interpretierte man die Befunde als Wohn- oder Gewerbegebäude. Ob die von uns in diesem Jahr ausgegrabenen Gebäudereste zum Peristylgebäude gehören oder das östlich angrenzende Gewerbehaus ein eigenständiges Gebäude war, ist vorerst noch unklar.
Die ersten Gebäude der Insula 20 wurden vermutlich bereits in augusteischer Zeit (Ende 1. Jh. v. Chr./Anfang 1. Jh. n. Chr.) zunächst noch aus Holz errichtet. Im fortschreitenden 1. Jh. n. Chr. wurden die Holzgebäude zusehends mit Steinbauten ersetzt. Im Verlaufe des 3. Jh. erlebte das Römische Reich eine tiefgreifende politische, soziale und wirtschaftliche Krise, die auch in Augusta Raurica deutlich zu spüren war. Grosse Teile der Stadt wurden verlassen, wie auch die Insula 20. Nach und nach zerfiel das Gebäude. Wie wir an verschiedenen Stellen nachweisen können, wurde das verlassene Gebäude bereits in der Antike auf der Suche nach wiederverwendbarem Baumaterial (v. a. Dachziegel und Mauersteine) systematisch geplündert.
Ausgrabung Ruder (August bis Oktober 2021)
Ausgelöst durch ein Neubauprojekt auf dem Areal der ehemaligen Sägerei «Ruder» fand im Jahr 2021 eine Notgrabung statt. Der Bereich lag ausserhalb der eigentlichen Siedlungsfläche von Augusta Raurica, im Perimeter des sogenannten Nordwestgräberfelds.
Ca. 30-50 m nördlich der römischen Ausfallstrasse in Richtung Basel konnten dabei rund 60 Bestattungen des 1. und 2. Jh. gefasst werden. Beim Grossteil der Gräber (41) handelt es sich um Brandbestattungen, daneben stiessen wir aber auch auf 19 Körpergräber, darunter auf die Bestattungen von 15 Neonaten (Neugeborenen). Gemäss römischem Brauch durften verstorbene Kinder unter einem bestimmten Alter (vor den ersten Zähnen) nicht kremiert werden. Die Tatsache, dass es sich bei einem Viertel der freigelegten Gräber um Neonatenbestattungen handelt, zeigt schlaglichtartig auf, mit was für einer hohen Kindersterblichkeit in der Antike gerechnet werden muss.
Während bei den Körperbestattungen kaum Beigaben mit ins Grab gegeben wurden, fanden wir in den Grabgruben der Brandbestattungen sehr häufig mehr oder weniger stark fragmentierte Gefässkeramik, aber auch vereinzelt vollständige Gefässe aus Keramik oder Glas, immer wieder Münzen und ab und zu Öllämpchen und Fibeln. Neben den Gräbern kamen aber auch noch andere spannende Befunde zutage: Erstmals konnten wir im Nordwestgräberfeld etwa eine Verbrennungsgrube entdecken. Darin wurden die Leichname verbrannt, um sie anschliessend im Gräberfeld zu bestatten. Weiter konnten wir ganz am östlichen Grabungsrand die Fundamente einer gut 31 m langen Mauer fassen. Es handelt sich dabei um eine bislang unbekannte Umfassungsmauer, die einen östlich der Grabungsfläche befindlichen Bereich des Gräberfeldes vom Rest separierte. Aufgrund von Altfunden aus dem früheren 20. Jh. ist es denkbar, dass dort eher privilegierte Bevölkerungsschichten bestattet worden sind, während die Funde und Befunde auf unserer Grabungsfläche dafür sprechen, dass es sich hier um die Gräber von einer breiteren Bevölkerungsschicht handelt.
Ausgrabung Rheinlust (April bis Juli 2021)
Ausgelöst durch ein Neubauprojekt auf dem Areal des ehemaligen Gasthauses «Rheinlust» und der westlichen Nachbarparzelle fand im Jahr 2021 eine Notgrabung statt. Der Bereich liegt an den westlichen Ausläufern des sogenannten Nordwestgräberfeldes von Augusta Raurica. Dieses Gräberfeld erstreckte sich entlang der westlichen Ausfallstrasse der römischen Siedlung auf rund 800 m Länge, im Bereich der heutigen Rheinstrasse auf dem Gemeindegebiet von Augst respektive Pratteln.
Bei den Grabungen wurden insgesamt 21 Bestattungen aus dem 1. und 2. Jh. n. Chr. freigelegt; 20 Brandbestattungen und eine Körperbestattung. Sämtliche Gräber liegen innerhalb eines rund 10 m breiten Streifens entlang der antiken Ausfallstrasse in Richtung Basel.
Zudem kamen vier Grabmonumente zum Vorschein, die sich prominent entlang der Strasse aufreihten und allen Durchreisenden die Bedeutung des hier bestatteten Personenkreises demonstrierten. Solcherlei Grabmonumente konnte sich nur eine privilegierte Bevölkerungsschicht leisten.
Im Verlauf des 3. Jh. wandelte sich die Funktion des Gräberfelds in diesem Bereich. Die Grabmonumente wurden abgerissen und wiederverwendbares Baumaterial abgeführt. Nach Ausweis der bis zu einem halben Meter mächtigen, die Reste der Monumente überlagernde Schuttschicht aus Abbruchschutt wurde das nicht brauchbare Material an Ort und Stelle belassen. Die darin enthaltenen recht zahlreichen Siedlungsabfälle weisen zudem darauf hin, dass man das Areal noch eine Zeit lang als Schutt- respektive Abfalldeponie nutzte.
Ausgrabung in den Frauenthermen (Kampagne 2018)
Im Vorfeld eines privaten Bauprojekts mit neuen Anbauten, einer neuen Garage und einem neuen Sitzplatz findet von April bis Ende Juni 2018 eine Notgrabung statt. Die Ausgrabung befindet sich im Bereich der sogenannten Frauenthermen, also in einer der beiden grossen Thermenanlagen im Zentrum von Augusta Raurica.
Ein Grossteil davon wurde in den Krisenjahren 1937 und 1938 durch den Archäologischen Arbeitsdienst für Arbeitslose untersucht, sodass die Archäologen und Archäologinnen den Plan und die Funktionsweise der Thermen sehr gut kennen. Die diesjährige Grabungsfläche liegt jedoch in einem praktisch noch nicht ausgegrabenen Bereich. Ausgegraben werden weitere Teile eines grossen Wasserbeckens (piscina) im Nordwesten des Kaltwasserbades (frigidarium). Gleichzeitig werden wohl auch Neben- und/oder Durchgangsräume der weitverzweigten Badeanlage ausgegraben werden.
Ein sensationeller Neufund aus Augusta Raurica: Ein Bleisarkophag (Kampagne 2016)
Bei Notgrabungen ist im Herbst 2016 ein seltener Blei-Sarkophag aus der Römerzeit gefunden worden. Dank der sorgfältigen Bergungsmethode können die erhaltenen Menschenknochen, Glasgefässe und Textilreste nach neustem Forschungsstand untersucht werden. Die Archäologinnen und Archäologen erwarten neue Erkenntnisse über die Lebensumstände in unserer Region während der Römerzeit.
Bei umfassenden Sanierungsarbeiten an der Rheinstrasse in Pratteln/Augst (BL) sind bei Notgrabungen diverse römische Gräber zum Vorschein gekommen. Da an dieser Stelle schon in römischer Zeit die wichtige Strasse nach Basel verlief und die Römer ihre Toten grundsätzlich entlang von Ausfallstrassen zu bestatten pflegten, wäre das eigentlich nichts Spektakuläres.
Umso grösser war die Überraschung, als im Spätherbst ein nahezu vollständig erhaltener Sarkophag aus Blei zum Vorschein kam. Solche intakten Funde sind in der Schweiz sehr selten und zum ersten Mal konnte ein solches Ensemble unter optimalen Bedingungen aus der Erde gehoben werden.
Nach einer äusserst sorgfältigen Bergung steht der Sarkophag nun in den Restaurierungs-Labors. Die Liste der Fragen, die sich im Zusammenhang mit dem aussergewöhnlichen Fund stellen, ist lang: Wer ist hier bestattet worden? (So viel sei schon verraten: eine Frau aus der Oberschicht.) Was kann anhand des Skeletts über die Lebensumstände ausgesagt werden? Ergeben die Untersuchungen der Textilreste und der Inhalt der mitgefundenen Glasbehälter Hinweise auf neue Handelsrouten?
Zurzeit werden die Fundstücke analysiert und ausgewertet. Erste Ergebnisse werden in den nächsten Monaten erwartet.